One Day in a Life

Kannst Du mal bitte schnell…

Eine Spezialität von mir ist es komplexe und kreative Aufgabenstellungen schnell zu verstehen. Die Wünsche und Ziele meiner Kunden/Auftraggebern zu visualisieren und deren Ideen Form und Farbe zu geben. Dabei achte ich darauf, dass alle Ideen in der Produktion nicht scheitern und auch realisierbar sind.

Der Seiltanz beginnt oft mit der “Missionarsarbeit: Deadlines” zwischen Unverständnis, dass gerade 3D-Modelle und -Renderings den teuren Faktor Zeit benötigen und gewissen technischen Anforderungen sowie Gegebenheiten unterliegen.

Stellen Sie sich vor: Sie möchten einen neuen Schrank mit Schreibtisch passend in Ihr Arbeitszimmer entwerfen und diesen in Eigenregie fertigen. Die neuen Möbel sollen sich nahtlos in das vorhandene Interieur sowie der Architektur des Hauses einfügen und am Schluss von Ihnen selbst gefertigt werden. Wie gehen Sie vor? Raum ausmessen, Materialität und Beschaffung zu Ihrer Designidee abstimmen und vergleichen. Optik, Oberflächen, Proportionen und Funktionen bestimmen und diese hinterfragen. Passt die Statik und erfüllen beide Objekte auch dauerhaft ihren Anforderungen. Final die Kosten sowie Fertigungszeiten inklusive Manpower erörtern.

Ähnliche Faktoren begleiten mich ständig im 3D-Produkt oder Messe-Design mit anschließender Fertigung. Ein “Schrank und Schreibtisch” sind dabei oft dankbarer als ein doppelstöckiger Messestand oder eine Eventfläche, da habe ich nämlich oft nur die Maße der Räume und Gegebenheiten mit dem CI der Kunden und im Idealfall der verfolgten und zu kommunizierenden Strategie.

…ein Rendering machen.


Am Beispiel eines für mich kleinen Projektes, nämlich einem “Schrank mit Tisch” zeige ich Ihnen nun einen typischen Arbeitstag in einzelnen Bildern und Projektschritten um ein Zeitgefühl zu entwickeln, wie aufwendig 3D-Design ist und wieviel Arbeit hinter einem “Kannst Du mal schnell?” steckt. Das verwendete Programm ist Cinema 4D in seiner aktuellen Version mit Stand Januar 2024. Bei dem Projekt und dem finalen Rendering wurden nicht die höchsten Detailstufen hinterlegt (dazu später mehr).


Gelnhausen, 09. Februar 2024

07.55 Uhr: Ich lege ein neues Projekt in Cinema 4D an. Und importiere bei diesem Projekt die fertige CAD-Konstruktion meines Kollegen als .STEP Datei (diesmal nichts selbst entwerfen und reindenken).

07.56 Uhr: Die Konstruktionsdatei wurde erfolgreich importiert im Hintergrund lege ich die Verzeichnisstrukturen der Projektordner an und verknüpfe die Programmpfade für Texturen und Programminformationen.

08.11 Uhr: Briefing des Kunden: “Der Setzkasten-Schrank soll neben einer schwarz gepulverten Vierkantrohr-Konstruktion und Echtholz-Einlegeböden noch Glasfronten bekommen um eine Herausnahme der ausgestellten Objekte zu verhindern (doch “eine Kleinigkeit” zu konstruieren und modellieren).

08.27 Uhr: Nach dem modellieren der Gleitschienen und Halterungen für die Glasscheiben texturiere ich die Holzeinlegeböden und messe mit Hilfe des Programms die Glasscheiben. Dabei schaue parallel ob man diese überhaupt in den benötigten Dimensionen bei unserem Lieferanten beziehen kann oder ob ich auf Form und Fertigung dieser konstruktiv reagieren muss.

08.46 Uhr: Wie sind die Glasschiebetüren denn zu bewegen? Ich entscheide mich für die Darstellung für sandgestrahlte Griffflächen und versehe die Scheiben nach dem Clonen und dem Versetzen der Tür mit den Texturen.

09.03 Uhr: Da der Setzkasten-Schrank mit dem Rücken an einer vorhandenen Wand positioniert werden soll, muss ich nur noch die beiden Flanken mit Glasscheiben versehen und entscheide mich für das gleiche System der Halterungen nur ohne Schiebemechanismus. Ich modelliere als die Schienen in kürzer Form an die Seiten des Schranks.

09.10 Uhr: Ohne Schiebemechanismus bedeutet ich kann hier hier auf eine Doppelschiene verzichten, diese muss aber formschlüssig angepasst werden und benötigt trotzdem etwas Detailarbeit.

09.44 Uhr: Licht, wir brauchen etwas Licht in dem Schrank! Um die Ausstellungsobjekte entsprechend zu inszenieren und für eine dynamisch, spannende Darstellung recherchiere ich nach modularen und anpassbaren Alu-LED-Schienen, mit genügend Lumen, trotz flacher Bauweise für eine Montage unter manche Regalböden. Natürlich müssen diese entsprechend im 3D Programm modelliert werden – nur selten halten Hersteller fertige 3D-Modelle im Portfolio zum Download bereit.

09.55 Uhr: Ich rendere immer zur Kontrolle der Texturen zueinander kleine Probeausschnitte um zu checken wie Lichtquellen und transparente Materialien im Zusammenspiel wirken und ob sich an einer Stelle kleine Texturierungsfehler oder ähnliches verstecken.

11.37 Uhr: Nachdem ich mich von dem korrekten Erscheinungsbild des LED Stripes im Pre-Rendering überzeugt habe dupliziere ich diesen und passe ihn entsprechend der diversen Regalbodenlängen und Fächer in unterschiedlichen Höhen an. Nach einer Kaffeepause und einem kurzen Break für ein parallel laufendes Projekt mache ich mich dann an die kundenseits bereits im Raum installierte Rückwand im Modell.

11.54 Uhr: Auch die Rückwand passe ich ihrer tatsächlichen Optik mit Texturen und Materialien an bzw. empfinde diese im Modell nach.

12.05 Uhr: Um die fertigen Objekte später in ein entsprechendes Foto platzieren zu können entscheide ich mich noch die blaue Teppichfläche (ebenfalls bereits im Raum verlegt) mit in das Modell aufzunehmen. Auch hier kontrolliere ich die fertige Materialien kurz im Pre-Rendering.

12.14 Uhr: Einen Möglichst realistischen Look erziele ich indem ich auch die Stahlträger der Hallenstruktur in das Modell konstruiere und diese um ein paar nicht zu aufwendigen Details wie den Befestigungsmuttern der Gewindestäbe ergänze. Dies hat auch den Vorteil, dass ich die Maße gegenchecken kann und sehe, der Schrank passt an die angedachte Position.

12.16 Uhr: Mein Kunde benötigt zu seinem neuen Setzkasten-Schrank einen passenden Konzept-Tisch (der Tisch soll seine Produkte aufgreifen und in reduzierter Form interpretieren). Der Tisch muss also zum Konzept passen und sich nahtlos in seinen Showroom integrieren. Dimensionen hier: 1.000 (Breite) x 6.000 (Länge) x 1.100 mm (Höhe) und das höhenverstellbar und somit nichts von der Stange. Konstruktion erfolgte wieder im CAD Programm, was mir diesen Schritt und somit Zeit bei diesem Projekt sparte.

12.19 Uhr: Nach Import der Konstruktionsdatei beginnt die Detailarbeit. Zerlegen und kombinieren der einzelnen Objekte in Meshs sowie ersetzen der Standard-Textur der .STEP Datei.

12.32 Uhr: Für die schematische Darstellung und Visualisierung des Composings arbeite ich bei der Texturierung mit einer reduzierten Darstellung des Konzepts. Details der eigentlichen “Staplermast” Idee folgen bei der Ausarbeitung. Der Vierkantrohrrahmen wird ebenfalls schwarzmatt gepulvert und die Tischplatte aus dem gleichen Holzwerkstoff wie die Regalböden und die bestehende Rückwand gefertigt.

12.52 Uhr: Testrender beide Komponenten in Dimension und Position zueinander.

13.40 Uhr: Eine Option im Briefing verfolge ich ebenfalls kurz: Tischgestell anstatt schwarz in weiss matt. Ich dupliziere erst das Tischmodell und anschließen die Textur und ändere deren Farbwerte auf RAL 9010 matt. Im Anschluss erfolgt ein weiteres Rendering der beiden isolierten Tische.

14.05 Uhr: In einer neuen Datei mache ich mich nun an die Kernidee, das Gimmick, des höhenverstellbaren Tisches in XL. Das Tischbein bekommt ein typisches Element eines Gabelstaplers: Der Staplermast. Ich arbeite in einer neuen Datei um die Arbeitsgeschwindigkeit des PC’s nicht durch unnötige Leistungsansprüche wegen Glasspiegelungen und Transparenzen sowie Lichtquellen des fertigen Setzkastenschranks zu reduzieren.

14.15 Uhr: Fertigungsdenken – meine 3D Modelle sollen sich auch fertigen lassen. Ein Grundsatz den ich immer verfolge. Ein Doppel-T Träger und Flachstahl dienen als Grundelemente. Der Flachstahl unten benötigt 4 Bohrungen um die beiden Kabelschläuche aufnehmen zu können. Also erstelle ich diese und entferne das virtuelle Material in den Bohrungen wie eine CNC-Fräse per Bool-Funktion.

15.22 Uhr: Den Doppel-T Träger klinke ich oben etwas aus, gerade so, dass die beiden entstehenden Flanken die beiden Schläuche schützt und einfasst. Danach setze ich die Kabelschläuche ein und überlege mir eine Aufnahme der Enden in der Fussplatte. Eine schematische Skizze fertige ich parallel für die Werkstatt offline.

15.35 Uhr: Die Hochzeit des Tischs mit seinem neuen Fuß. Ich wechsle in meine Hauptdatei und importiere das neue, detailliertere Bein.

15.38 Uhr: Weg mit dem Platzhalter, das alte noch sehr grobe Platzhalter-Element weicht dem neuen Konzeptfuß.

15.42 Uhr: Die exakte Positionierung des Fußes erfolgt mit den Koordinaten im Weltensystems des 3D-Programms. Durch sogenannte Instanzen von 2 weiteren Beinen erspare ich mir drei Arbeitsschritte und erstelle Dreifach das neue Bein an den richtigen Positionen. Fehlt noch die Oberfläche bzw. das typische Rillenmuster eines solchen Kabelführungsschlauches. Ich verwende hierfür den Textur-Reliefkanal und ein paar Linien auf diffus spiegelndem Material.

15.52 Uhr: Zeit für etwas Leben und kleine Details. Ein Folienschnitt des Kundenlogos an den oberen Tischbeinen unterstützt die visuelle Ansprache und ist ein netter Akzent. Ebenfalls platziere ich einige virtuelle Besucher am Tisch und Schrank. Dies ist immer sehr dankbar, da man so die Proportionen besser erkennen kann und die Verhältnisse der Objekte zueinander. Außerdem sorgt es doch für etwas Leben und das Rendering wirkt nicht ganz zu trocken technisch.

16.15 Uhr: Visuelles Composing. Für meine Präsenation benötige ich noch einen Eyecatcher. Ich platziere die neuen Möbel perspektivisch und ausgeleuchtet in einem Foto, das mir der Kunde zum Briefing ausgehändigt hatte. Somit hat man eine direkte Vorstellung, wie sich die neuen Objekte in den Raum einfügen und mit diesem harmonieren. Sorry, einige Motive und Logos musste ich leider verpixeln.

17.10 Uhr: Rendering. Color Grading, Feierabend.

In der Rendering-Zeit (bei größeren Projekten lasse ich Nachts rendern, da ein Rendering eines komplexen Projektes gerne mal bis zu 3 Stunden dauern kann) erstelle ich die Kalkulation und den zeitlichen Rahmen. Alles wird dann in einer Präsentation dem Kunden übergeben. In dieser Mappe befinden sich natürlich weitere Ansichten der gewünschten Objekte sowie eine Maßzeichnung und die Idee, das Konzept bekommt einen textlichen Rahmen.

Ich hoffe, mir war es hier möglich Ihnen einen Eindruck zu vermitteln, wie viel Zeit in einem “schnellen” Rendering oft steckt und wie Komplex ein Modell sein kann. Und ein Tisch und ein Schrank sind oft nur einzelne Elemente eines Messestandes 😉


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